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February 2006

25feb2006 · Kritische Gedanken zur Jugendwahl 2006

Für die Landtagswahl in meinem Bundesland Baden-Württemberg wird jetzt eine Jugendwahl angeboten, in der auch 14- bis 17-jährige ihre Stimme abgeben dürfen. Natürlich dient die Auswertung rein statistischen Zwecken, die Wahl erfolgt über das Internet.

Klingt doch alles wunderbar, oder? Was jedoch ist der Zweck einer solchen Jugendwahl? Die Webseite dazu meint: “Damit ihr später, wenn ihr volljährig seid, den echten Durchblick habt.” Damit wäre ja sogar den erwachsenen Wählern geholfen. ;-)

Faktisch betrachtet bringt die Wahl also gar nichts. Statistik schön und gut, Information der Schüler umso besser—die gehört allerdings in den Gemeinschaftskundeunterricht. Doch wozu wählen?

Laut Schwäbischer Zeitung von heute früh werden 7000 Briefe mit Internet-Zugangsdaten zur Jugendwahl verteilt, der Interviewpartner geht von “mindestens 70” Wählern aus—für eine freiwillige Jugendaktion wären meiner Erfahrung nach 500 Stimmen schon eine hohe Beteiligung.

Ach ja, Rat und Tat auf der Jugendwahlseite erklärt:

Bei der Onlinewahl gibt es wie schon gesagt keine Stimmzettel aus Papier. Man kann deshalb aus Versehen auch keinen ungültigen Stimmzettel “abgeben”, denn der Computer bemerkt das sofort und macht Dich darauf aufmerksam.

Nach einigem Rumprobieren gelingt es auch, absichtlich ungültig zu stimmen, beschrieben ist es allerdings nicht direkt (einfach nichts ankreuzen); wieso dies wichtig ist erklärt die Seite wahlrecht.de sagt wie folgt: (Hervorhebung durch den Verfasser)

Bei elekronischen Wahlen gibt es neben der Möglichkeit eine Partei oder einen Kandidaten zu wählen auch die explizite Wahlmöglichkeit ungültig zu wählen. Dies beruht auf dem Grundsatz der Gleichheit und Freiheit der Wahl. Da bei einer normalen Wahl mit Papier und Bleistift der Wähler die Wahlfreiheit hat, seinen Stimmzettel ungültig zu machen, muß diese Möglichkeit auch auch bei einer elektrischen Wahl ermöglicht werden.

Wozu also wären die eigentlichen Ergebnisse dieser Wahl (von niedriger Wahlbeteiligung, Stimmverdoppelung in Einzelfällen und sonstigem Undemokratischem abgesehen) zu nütze? Um die Unzufriedenheit der jungen Wählerschaft auszudrücken? Als ob der Politik damit geholfen wäre. Den wenigsten Politikern dürfte der Ausgang der Jugendwahl gefallen, hilft oder schadet sie also z.B. der Herabsetzung des Wahlalters?

Wahlen sind ein notwendiges Übel der Demokratie. Volkssouveränität hin oder her, könnte eine Regierung die nächste Wahl zu ihren Gunsten ausfallen lassen, würde sie es tun. Eine Wahl ohne Auswirkung also schadet den Jugendlichen gegenüber den Parteien, die sie nicht wählen, und den bei Jugendlichen beliebten Parteien nutzt sie auch nicht.

Schließlich wollen wir ja auch, dass die Politik über den Ausgang der Jugendwahl informiert wird und sich Gedanken dazu macht.

Auch eine Wahl im kleinen Kreis, sei es der Kurs oder die betroffene Stufe, dient der Wahlvorbereitung. Der Lehrer bringt offizielle Stimmzettel (ob sie abgelaufen sind, ist egal—die Form entscheidet), die Schüler dürfen geheim und freiwillig wählen, anschließend wird an der Tafel ausgewertet, besprochen und diskutiert. Am Ende hat jeder was gelernt, und wenn nicht, dann eben nicht.

Die Stimmen zentral zu erfassen und auszuwerten aber macht keinen positiven Sinn. Um “zum Spass” zu wählen ist das Thema zu ernst und der Nutzen zu gering. Der Wahlgang kann und sollte geübt und besprochen werden, die eigentliche Wahl aber findet entweder freiheitlich-demokratisch statt und wird dann auch gewertet, oder sie ist zu unterlassen.

NP: Eyes Adrift—Pasted

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